„Das soll ja hier nicht sein wie in der Wohngruppe!“ – Gespräche mit jungen Menschen über Kinderrechte in der Heimerziehung.

Auf Einladung der Landesjugendkonferenz Sachsen – der Selbstvertretung von jungen Menschen aus Heimen und Wohngruppen der Jugendhilfe – trafen sich Ende März 2024 insgesamt 20 junge Menschen in Schöneck/Vogtland, um über Kinderrechte und deren Verwirklichung in der Heimerziehung zu sprechen. Die meisten der jungen Menschen kannten sich vorher nicht und wollten am Ende des Wochenendes kaum wieder auseinander gehen. Die UN- Kinderrechtskonvention gilt seit vielen Jahren auch in Deutschland. Die Kinderrechte sind untergliedert in Förderrechte, Schutzrechte und Beteiligungsrechte. Heime und Wohngruppen der Kinder und Jugendhilfe sollten Orte der Beteiligung, des Schutzes und der Förderung junger Menschen sein. Das gerade in der Heimerziehung viele der Kinderrechte vernachlässigt und missachtet werden ahnten wir schon vorher. Das Ausmaß der Missachtung und die Unkenntnis über ihre eigenen Rechte ist uns im Verlaufe des Wochenendes noch einmal deutlich vor Augen geführt worden: Dem Kinderrecht auf gesunde Ernährung stehen konkrete Erfahrungen von Mangelernährung, einseitiger Ernährung und abgeschlossenen Küchen entgegen. Den Kinderrecht auf Kontakt zur Familie stehen Kontaktverbote entgegen, die manche Einrichtungen aussprechen. Dass sich die Kinder und Jugendlichen zusammenschließen können (Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit) und ihre Interessen gemeinsam vertreten können, war den meisten Jugendlichen nicht klar.

Das Kinderrecht auf Meinungsfreiheit wird dort nicht gewährt, wo junge Menschen ihre Meinung nicht sagen dürfen. Das Kinderrecht auf Spiel, Freizeit und Erholung ist dort gefährdet, wo kaum Gelder für Hobbys zur Verfügung stehen. Das Kinderrecht auf Informationsfreiheit ist dort gefährdet, wo Zugänge zum Internet als Strafe vorenthalten werden. Das Kinderrecht auf Privatsphäre ist nicht gewährleistet, wo Briefe durch Betreuer:innen geöffnet werden und Erwachsene ohne anzuklopfen, die Zimmer der jungen Menschen betreten. Dem Recht auf Berücksichtigung des Kindeswillens stehen viele Erfahrungen aus Hilfeplangesprächen entgegen, bei denen sie eben nicht wirklich mitentscheiden können.

Es gab auch ein paar wenige positive Berichte aus Einrichtungen – sie waren aber leider tatsächlich selten.

Viele dieser und weiterer Erfahrungen hat die Gruppe diskutiert und ein Papier geschrieben, das in den kommenden Wochen veröffentlicht werden soll. Es zeigt die Zustände und Möglichkeiten, wie junge Menschen sich gegen solcherart Behandlung wehren können. Und es ist die Idee entstanden, sich für ein Seminarwochenende zum Thema „Strafe“ wiederzutreffen.

 

Wir danken den Sprecher:innen der Landesjugendkonferenz Sachsen, die das Wochenende inhaltlich gestaltet haben.

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